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Kleidung auf der Bühne

Liebe Klavierfreundinnen und -freunde,
haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, wie sich Pianistinnen und Pianisten auf der Bühne kleiden – und warum gerade so?
Wenn wir schon darüber nachdenken, was wir anziehen, wenn wir in ein Klavierkonzert gehen, dann kann man sich leicht vorstellen, wie viel Gedanken sich die Künstler darüber machen, was sie auf der Bühne tragen wollen und sollten.
Denn es geht um viele Aspekte, die es zu bedenken gibt. Da ist natürlich als Erstes die Bequemlichkeit, die die Kleidung haben muss. Und natürlich ist dies auch unterschiedlich bei Frauen und Männern. Während die Männer in der Regel etwas weitere Hemden, Hosen und Jacketts tragen können, ist das bei den Damen der Klavierwelt schon etwas anders. Doch auch dort haben sich die Zeiten geändert, denn es wird nicht mehr Wert auf ein Kleid gelegt oder zumindest eine traditionelle Kleidung.
Héléne Grimaud oder die Schwestern Labéque waren wohl die ersten, die sich darüber hinwegsetzten und leichte Anzüge auf der Bühne trugen, ganz modisch aus einem leichten Stoff gearbeitet und weit genug, um nicht von diesem Stoff während des Spiels gestört zu werden. Denn wenn es um die Bequemlichkeit geht, dann geht es vor allem um die Beweglichkeit am Klavier. Auch bei den Männern haben sich die Dinge geändert.
Trugen im vergangenen Jahrhundert die Männer am Flügel meist Anzüge, ja oftmals sogar noch einen Frack, mit allem, was dazugehört: Fliege, Krawatte, weißes Hemd und schwarze Schuhe. Nach und nach traten dann immer mehr Pianisten zwar noch im Anzug aber mit schwarzem Hemd und ohne Krawatte an den Flügel. Heute sind auch Rollkragenpullover unter dem Jackett sehr beliebt – oder aber nur schwarze Hemden.
Bei den Damen ist fast alles erlaubt: Röcke, Anzüge, Hosenröcke, Mini-Röcke, hohe Absatzschuhe, flache Leichtschuhe und so fort. Wichtig ist allerdings auch die Temperatur. Natürlich ist die in der Regel auf der Bühne ungleich höher als im Saal selbst, mag dieser auch noch so gut klimatisiert sein. Denn die Strahler, die auf die Bühne gerichtet sind, haben auch in Zeiten von LED-Technologie immer noch eine Temperaturerhöhung zur Folge.
Doch vor allem darf man nicht vergessen, dass die Pianisten selbst die einzigen im Saal sind, die wirklich arbeiten, physisch wie psychisch: Und das verursacht Hitze im Körper. Also muss man sich genau überlegen, wie warm man sich anzieht – unabhängig von dem guten und vor allem immer noch gewissen Konventionen unterworfenen Aussehen entsprechend.
Weder die Herren, noch die Damen haben es da einfacher. Und wenn dann die Sommersaison mit ihren Festivals ansteht, dann wird die Kleidung auf der Bühne nochmals kritischer: denn in den Scheunen, auf den Open-Air-Bühnen kann es unangenehm heiß werden. Entsprechend leicht zieht man sich im Publikum an – und das sollte man auch allen Künstlern auf den Bühnen zugestehen. Warum nicht ein schwarzes T-Shirt mit einer leichten Hose für die Männer, warum nicht ein leichter Jump-Suit für die Damen? Das ist in jedem Fall erlaubt, denke ich.
Zudem machen sich viele Künstler auch Gedanken über die zum Repertoire passende Kleidung, denn wenn man schwarz trägt, dann drückt das einen gewissen Ernst aus. Wenn es aber um ein leichteres, ja witziges oder jazziges Repertoire spielt, kann die Kleidung durchaus bunter sein.
Sie sehen schon, es sind viele Faktoren zu bedenken, wenn man als Künstler auf die Bühne geht, was man denn an sich selbst tragen sollte. Zwar haben die meisten nach einigen Jahren eine Art von „Kleidungs-Repertoire“ für unterschiedliche Auftrittsorte, Temperaturen und Repertoire – und dennoch machen sich die wenigsten Zuhörer Gedanken darüber, dass auch dies ein Feld ist, das die Künstler nachdenklich beachten.
Carsten Dürer
- Chefredakteur PIANONews -